Reisen ist gefährlich! Nein, nicht wie du jetzt denkst. Nicht der drohende Flugzeugabsturz, der IS oder gar Donald Trump sind das Problem, sondern du! Weil du wie ich, einsam in der mongolischen Steppe, unterwegs im australischen Outback oder allein auf der Panamericana plötzlich merken könntest, wie sich deine Prioritäten wandeln und Ziele ändern. Und du, kaum zuhause, dein Leben auf den Kopf stellst.
Okay okay, du hast schon recht, ich kann das gar nicht wissen. Vielleicht kennen wir uns nicht einmal. Was ich dort oben geschrieben habe, das sind Erfahrungswerte. Solche, die ich gesammelt habe, während ICH in der mongolischen Steppe, im australischen Outback oder auf der Panamericana unterwegs war. Und viele andere Reisende mit mir, die ähnliches erlebten. Heute bin ich das Ergebnis dessen, was mich unterwegs geprägt hat. Neugierig?1. Mein Lebensstil passt in keine Schublade mehr. Mein Job auch nicht.
Eigentlich war alles perfekt. Gerade mal eine Woche hatte ich meinen Studienabschluss in der Tasche, da lag der heiß begehrte und mühsam erarbeitete Arbeitsvertrag vor mir: Für ein Volontariat bei einer großen Tageszeitung. Und das Beste: Bis meine Arbeit dort beginnen sollte, blieben mir noch ein paar Monate. Kurzerhand holte ich mir einen Reisepass und buchte einen Flug nach Australien. Ich hatte eine großartige Zeit, umrundete in zwei Monaten das ganze Land und hängte noch einmal fünf Wochen Neuseeland hinten dran. Zurück in Deutschland ahnte ich, dass das nicht alles gewesen sein konnte. Zog den Job trotzdem fast zwei Jahre durch, reiste zwischendurch mit einem Rucksack durch Südostasien und bestätigte mich selbst darin, dass dieses Büroleben nicht für mich gemacht war. Was dann passierte, liest du auf der Seite „Über Mich“.
2. Meine Freunde leben in der ganzen Welt verstreut.
„Alle bauen Häuser, kriegen Kinder und pflanzen einen Baum“ – so höre ich das oft von Bekannten in meinem Alter. Bei vielen meiner Freunde sieht das anders aus. Sie wohnen in London und Amsterdam oder leben ihren Traum im VW-Bus auf Mallorca. Heute jedenfalls, denn morgen sind sie vielleicht schon woanders. Planen nach Indien zu ziehen, jedenfalls für eine Weile, und dort an der Uni zu lehren. Oder haben sich ihr Idyll auf einem Waldgrundstück in Schleswig-Holstein gebaut. Jeder so, wie er es mag. Weil er oder sie es mag. Seit ich in der Welt unterwegs bin, habe ich Freunde, die es auch sind und sich bewusst entscheiden, welchen Lebensweg (auch örtlich verstanden) sie einschlagen wollen. Manche von ihnen sehe ich deshalb für meinen Geschmack viel zu selten. Aber andererseits habe ich so auch immer wieder einen Grund, mich ganz bald wieder ins Auto, in den Zug oder in den Flieger zu setzen, und neue Orte mit lieben Menschen zu entdecken.
3. Ich musste Dinge akzeptieren, die nicht in mein Weltbild passten.
Ich habe gelernt, dass es in Ordnung sein darf, wenn Männer und Frauen nicht überall auf der Welt so gleichberechtigt sind, wie ich es gerne hätte. Auch wenn mir die Schweden das zunächst einmal anders vermittelten ;-) Auf Sansibar erlebte ich, dass Männer vier Frauen gleichzeitig haben können, die trotzdem glücklich sind. Und in Kenia, dass es eine win-win-Situation für beide sein kann, wenn ein zwanzigjähriger Einheimischer mit einer siebzigjährigen Europäerin zusammen ist. Ich gebe mir Mühe zu akzeptieren, dass sein darf, was nicht in mein Weltbild passt, so lange dabei keiner zu Schaden kommt.
4. Ich habe Endlichkeit erlebt.
Zuhause ist vieles Routine. Der Gang in den Supermarkt und der Griff ins Regal mit den immer gleichen Produkten. Der Schweinehund, der laut bellt, wenn man dringend mal wieder zum Sport müsste. Der Spaziergang durch die Natur, den man so oft lieber auf morgen verschiebt. Während unserer Zeit im Ausland war mir stets bewusst, dass die Tage gezählt waren. Ich wusste, dass ich die gute original-italienische Pizza noch genau dreimal essen würde, dass ich nur noch zweimal die Chance hatte, im Treehouse zum Yoga zu gehen oder auf paradiesisch türkisem Flachwasser zu kiten. All das lehrte mich, den Moment noch viel mehr zu nutzen und zu genießen. Denn auch wenn wir es gerne ausblenden: Auch in der Heimat sind unsere Tage begrenzt.
5. Ich habe Armut, Missstände und Leid gesehen.
Und musste damit klarkommen, dass ich verdammt privilegiert bin. Denn ich habe einen Job, der mir ermöglicht, einmal um die ganze Welt zu fliegen und trotzdem noch genau das Essen einzukaufen, das mir gut schmeckt. Und überhaupt Essen zu kaufen. Ich habe einen Pass, der mir größtmögliche Reisefreiheit erlaubt. Und Bildung, die mir hilft, das alles hier überhaupt erst zu verstehen.
6. Das Internet langweilt mich.
Denn das Leben passiert dort draußen in der Realität. Und das ist auch gut so.
7. Und ich kann einfach nicht genug davon bekommen.
Wer glaubt, das viele Reisen könnte das unbändige Fernweh je stillen, der irrt. An jedem neuen Ort habe ich bisher Leute getroffen, die mir von fernen Zielen erzählten, die ich unbedingt einmal gesehen haben sollte. Vielleicht bin ich auch ziemlich schnell zu begeistern, denn wenn mir jemand erzählt, Bolivien sei einfach klasse, dann kann ich das später ziemlich vehement vor anderen vertreten, ohne selbst wirklich viel über das Land zu wissen. Bisher aber, so viel kann ich inzwischen sagen, wurde ich von den Empfehlungen noch nie enttäuscht. Die Reise kann also weitergehen.