Es muss tiefschwarze Nacht gewesen sein, als der mit einer dunklen Kutte bekleidete Ordensbruder durch die enge Gasse hinauf zur Bastion am Rande der historischen Stadtmauer eilte. In meiner Vorstellung nenne ich ihn Bruder Benedictus, er trägt kurzes schwarzes Lockenhaar und hält seine Hände unter den weiten Ärmeln verborgen, während er rennt. Er weiß nicht, ob er es rechtzeitig schaffen wird, seine Brüder des Ordens der Malteser und die Insulaner rechtzeitig vor dem nahenden Angriff der Osmanen zu warnen. Wir schreiben das Jahr 1565.
Im Palast des Großmeisters hatte Benedictus sich hinter den hohen Kalksteinsäulen verborgen und gelauscht. Sie kommen. Das hatte ihm gereicht, um sicher zu sein, dass seine Brüder ringsum die Stadt, verborgen in ihren Verteidigungsbollwerken, die aus dem Festungswall der Stadt Valletta hervorspringen, in Gefahr waren. Humilissima Civitas Vallettae, nannten sie ihren Sitz, die höchst bescheidene Stadt. Viel würde von ihr jedoch nicht übrig bleiben, wenn die Osmanen den Feuersturm eröffnen, den Ritterorden niederschlagen und Malta unter ihre Herrschaft bringen würden.Das dunkle Wasser schwappt träge in der Lagune des Naturhafens aus Kalkstein, dem Grand Harbour. Unberührt thront die Insel Malta inmitten des Mittelmeeres, nicht gewahr der nahenden Gefahr. So viele Jahrhunderte überstand sie bereits, ließ sich von Karthagern, Byzantinern, Römern und Arabern einnehmen, ließ die Stürme über sich hinweggleiten, als wären sie nur ein Hauch eines historisch unabdingbaren Atems. Es ist warm in dieser Nacht, ein lauer Wind treibt durch die Palmwedel, doch Benedictus kann nicht stehenbleiben, um die Naturschönheiten zu bewundern. Dann fällt der erste Schuss, er donnert über die Insel hinweg…Die Geschichtsschreibung überliefert uns, dass die Ritter des katholischen Malteserordens mit der Unterstützung der Spanier und die Sizilianer die Belagerung der osmanischen Heere nach drei Monaten niederringen konnten. Italienische Architekten strömten nach dem Sieg nach Malta, um sich am Bau der neuen Hauptstadt zu beteiligen und aus Valletta die neue, prunkvolle Hauptstadt der Insel zu machen. Die Insel gedieh unter den Rittern, eine Universität wurde erbaut, Kirchen, Paläste, eine Zeit des Überflusses. Ich stelle mir vor, wie auch mein fiktiver Benedictus in dieser Zeit in seinem weitläufigen Haus mit Palmengarten flanierte, Trauben aß und sich an Gesang und Literatur erfreute.
Erst die Franzosen schafften es 1798, Malta einzunehmen und die Ordensritter von der Insel zu vertreiben. Doch mit Hilfe der Briten schafften es die Insulaner, Malta wieder für sich zu gewinnen. Ein bedeutendes Denkmal dieser Zeit steht noch heute in den Lower Barakka Gardens von Valletta: Der Tempel mit den dorischen Säulen erinnert an Sir Alexander Ball, der der eines der britischen Belagerungsschiffe führte und später als Präsident die Malteser einen konnte.
Die Upper Barakka Gardens liegen auf dem höchsten Punkt der Stadtmauern zwischen den Bastionen St. Peter und St. Paul Bastian. Die Aussicht auf den über drei Kilometer langen Hafen Maltas, die Städte Vittorosia, Senglea und Cospiuca, Floriana und das Fort St. Angelo sind atemberaubend. In den Lower Barakka Gardens an der St. Christopher’s Bastion ist zu spüren, dass hier einmal saftiges Obst und Gemüse angebaut, Pflanzen gezüchtet und dem guten Leben gefrönt wurde. Ein Springbrunnen tröpfelt leise vor der malerischen Kulisse, während man sich heute sogar an lauschigen Abenden bei Konzerten auf den Grünflächen entspannen kann — fast so, wie vor vielen Jahrhunderten. Erst 1964 erlangte Malta die Unabhängigkeit. Links gefahren wird trotzdem noch. Gut, dass Benedictus zu seiner Zeit noch nicht Auto fahren musste.Ob meine Vorstellung mit der Wirklichkeit vereinbar ist? Ich weiß es nicht. Doch Malta hat sich für mich als eine Quelle der Inspiration erwiesen und mich in ihren Bann gezogen.
Wissenswertes
Die Republik Malta ist ein Inselstaat im Mittelmeer. Auf der Hauptinsel Malta leben 430.000 Einwohner auf 316 Quadratkilometern, deshalb gilt Malta als Staat mit der fünfthöchsten Bevölkerungsdichte weltweit und als kleiner Mitgliedsstaat der EU. Die Amtssprachen sind Maltesisch und Englisch. Valletta ist die Hauptstadt von Malta, gehört zur Liste des UNESCO-Weltkulturerbes und ist die historisch am besten gesicherte Stadt der Welt. 2018 ist Valletta außerdem Kulturhauptstadt Europas.
Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn ihr auf so einen Affiliate-Link klickt und darüber einkauft, bekomme ich von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Ihr bezahlt deshalb aber nicht mehr Geld.