Wer zu Fuß gehen kann, der kann auch auf Skiern wandern, heißt es. Wenn man dann noch eine der erfolgreichsten Langläuferinnen Norwegens und mehrfache Olympionikin als Lehrerin hat, muss das einfach stimmen, oder?
„Kannst du Ski fahren?“ fragt die blonde Frau mit norwegischem Akzent und meint die Frage wohl eher rhetorisch. „Nein, um ehrlich zu sein habe ich noch nie auf solchen Brettern gestanden“, antworte ich wahrheitsgemäß. Anita Moen lacht, sie hält meine Aussage wohl für einen schlechten Scherz. Kein Wunder, schließlich ist norwegische Skilangläuferin, die 1998 und 2002 bei den Olympischen Spielen insgesamt zweimal Bronze und einmal Silber für ihr Land holte, wahrscheinlich schon mit Brettern an den Füßen geboren worden. „Gut, dann fährst du jetzt da hinten unter der Unterführung durch und wir treffen uns auf der anderen Seite. Dann geht’s los“, verspricht sie mir und ignoriert meine Aussage dabei einfach.Trysil ist Norwegens größtes Skigebiet
Mir bleibt also gar nichts anderes übrig, als mich wagemutig den für mich so steilen Abhang hinunterzustürzen – schon wenige Meter weiter liege ich auf dem Boden. Na das geht ja gut los.
Wir sind in Norwegens größtem und beliebtestem Skigebiet Trysil, das in diesem Winter sein 50-jähriges Jubiläum feiert. Rund 160 Kilometer vom Flughafen Oslo entfernt ist der Ort ein Geheimtipp für alle Wintersportler, die per Flugzeug oder – noch bequemer – mit der Fähre Color Line aus Kiel anreisen.
Anita wartet schon, als ich mich hinter der Unterführung nun den Berg – oder das, was ich als Norddeutsche vom platten Land darunter verstehe – wieder hochkämpfe. „Skilanglauf ist wirklich nicht schwer“, sagt sie mir. „Du stellst die Beine einfach parallel und schiebst immer abwechselnd eines nach vorne.“ Auf der platten Ebene klappt es tatsächlich direkt viel besser.Skilanglauf ist seit jeher eine Domäne der Skandinavier, vor allem aber der Norweger. Schon vor 5000 Jahren transportierten die Einheimischen so ihre Beute und später – bis zur Erfindung des Autos – ihre Speisen und Getränke. Heute erfreut sich der Breitensport großer Beliebtheit bei Jung und Alt.
Und während ich mich zunächst noch sehr langsam durch die weiße Winterlandschaft Norwegens schiebe, erzählt Anita, dass sie so gut deutsch spreche, weil sie vor vielen Jahren mit einem Schweizer verheiratet war. Und, dass sie heute Morgen schon „die paar Kilometer“ von ihrem Zuhause im Ortskern von Trysil, mit dem Auto rund 15 Minuten entfernt, zum Treffpunkt gefahren wäre. Und während wir so plaudern merke ich gar nicht mehr, wie die Zeit vergeht, und dass die Skier unter meinen Füßen immer mehr das tun, was ich möchte. Hinter uns am Horizont ragt der Trysilfjell in den Himmel, von dem sich auf 1132 Metern die anderen Wintersportler in die Tiefe stürzen. Mit seinen 29 Liften und 68 überwiegend leichten und breiten Abfahrten ist das Gebiet vor allem bei Familien beliebt. Rund um den Berg verlaufen die Langlaufloipen – immerhin mit einer Gesamtstrecke von 100 Kilometern.Jeder einzelne Muskel ist gefordert
„Deine Arme müssen noch mehr mitschwingen“, sagt Anita und überholt mich geschickt, um es mir zu demonstrieren. Ich merke derweil langsam, dass es die Bewegungen echt in sich haben. Von wegen Rentnersport! Wie bei kaum einem anderen Training wird beim Langlauf fast jeder einzelne Muskel des Körpers gefordert. Neben den Beinen verrichten vor allem die Arme und der Rumpf Schwerstarbeit.
Zum Abschluss schickt mich Anita noch einmal auf ein Hügelchen und jetzt, da ich die Bretter unter meinen Füßen schon sehr viel besser unter Kontrolle habe, komme ich auch heil unten an. Nun fühle ich mich gewappnet, um in den nächsten Tagen alleine weiterzufahren.
Weil in Trysil 80 Prozent der Unterkünfte direkten Zugang zur Piste haben, liefert mich Anita nach der Unterrichtseinheit direkt vor der Tür meines Hotels, dem Hotel Park Inn Trysil Mountain, ab. Meine müden Muskeln brauchen dringend Erholung, bevor sie morgen auf den richtigen Berg sollen – aber den schau ich mir jetzt erstmal aus dem Hoteleigenen Sauna und Spa-Bereich genauer an.Dieser Artikel ist in leicht veränderter Form auf den Portalen von 1und1 (web.de, gmx.net, gmx.at und gmx.ch) erschienen. Die Reise wurde unterstützt von Visit Norway und der Reederei Color Line.
Wissenswertes
In Trysil geht die Saison in diesem Jahr noch bis Ende April. Langlauf ist in Norwegen bis auf die Ausrüstung, Unterkunft und Verpflegung komplett kostenlos, ein Skipass für die Loipen wird nicht benötigt. Und dank des schwachen Kronenkurses ist das Land für deutsche Urlauber momentan ohnehin rund zwanzig Prozent günstiger als noch vor drei Jahren.
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