Das Abenteuer beginnt- Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil I: Moskau-Jekaterinburg -


„Hat einer von euch Lust, mit mir nach Russland und in die Mongolei zu reisen?“ Mehr als diese kurze WhatsApp-Nachricht von Maria braucht es nicht, damit Verena, Marie und ich Feuer und Flamme sind. Denn obwohl wir uns zu diesem Zeitpunkt kaum kennen, will sich niemand von uns das Abenteuer „Transsibirische Eisenbahn“ entgehen lassen. Spontan sagen wir zu.

Prolog

Schon als ich ganz klein war, hat mir meine Mutter häufig Geschichten von der Transsibirischen Eisenbahn erzählt. Sie hatte viel darüber gelesen und wollte unbedingt einmal mit ihr fahren, den Duft der Freiheit spüren und das Abenteuer selbst erleben.

Als schließlich ich diejenige bin, die zu dieser Reise aufbricht, ist es für sie bereits zu spät. Sie ist schwer krank und mir die Entscheidung, ausgerechnet jetzt in die Ferne zu ziehen und über lange Strecken gänzlich unerreichbar zu sein, nicht leichtgefallen.

Dennoch: Wenn dich jemals im Leben jemand fragt, ob du auf eine solche Reise mitkommen möchtest, dann musst du einfach „Ja“ sagen! Davon bin ich an diesem Tag und später umso mehr überzeugt.

Moskau-Jekaterinburg (0 km – 1778 km)

Der Waggon ruckelt, mein Bett schaukelt und wenn ich mein linkes Ohr ganz fest auf die Matratze presse, spüre ich genau, wie die Räder des Zuges schwer über die Gleise rollen. Klack-klack, klack-klack, klack-klack. Ein Lichtkegel streift den Tisch neben mir, die Frau im Bett irgendwo hinter meinen Füßen stöhnt leise im Schlaf und dreht sich dann schwerfällig zur Fensterseite.

Abenteuer Transsibirische Eisenbahn? Ganz sicher, aber eben doch so anders als erwartet.

Und das ging schon am Morgen in Moskau los. Sicherlich wären wir klar im Vorteil gewesen, wenn wir wenigstens Bahnhof verstanden hätten. Doch auch ohne russische Sprachkenntnisse gelingt es uns schließlich, uns durch das für uns undurchsichtige, weil in kyrillischen Buchstaben beschilderte, russische U-Bahn-Netz pünktlich zum Jaroslawer Bahnhof durchzuschlagen. Schaffnerin Natalia wartet schon. „Ticket and Passport please“, sagt die zierliche Frau mit der grauen Uniform streng und hakt uns schnell auf der Liste ab, die nächsten Passagiere warten schon. Mit einem feierlichen Kribbeln im Bauch steigen wir das erste Mal in die Transsibirische Eisenbahn.

7622 Kilometer werden wir in den kommenden Tagen im Zug verbringen, dabei zwei Kontinente, drei Länder und sieben Zeitzonen durchqueren und insgesamt knapp drei Wochen unterwegs sein. Ein gewagtes Unterfangen schon allein deshalb, weil unsere bloße Aufenthaltsdauer im Zug bei weitem die Zeit übersteigt, die wir bisher in unserem Leben zusammen verbracht haben.

Wir, das sind Marie aus Amsterdam, Maria aus London, Verena aus Frankfurt und ich, Birte aus Kiel. Zwei Jahre ist es nun her, dass wir uns in einem Backpackerbus in Neuseeland kennen gelernt haben. Eine bunt gemischte Truppe, Marie kommt eigentlich aus Schweden, Maria aus der Slowakei und wir alle sind irgendetwas zwischen 25 und 44 Jahren alt. Im wahren Leben haben wir anständige Berufe in namhaften Unternehmen, jetzt aber tragen wir Jogginghose und fahren mit der Transsibirischen Eisenbahn nach China.

Platzkartny: Reisen in der dritten Klasse

Für die erste Etappe unserer Fahrt haben wir Plätze in der dritten Klasse gewählt. In der sogenannten Platzkartny bietet jedes Abteil Platz für 54 Menschen, die jetzt gleichzeitig ihr Gepäck verstauen, während Natalia die Bettwäsche verteilt. Geübte Transsib-Passagiere haben ihren notwendigsten Besitz zuvor in kleine Beutel verpackt, die sie eilig hervorziehen, während wir noch diskutieren, wer oben und wer unten schläft. Kurze Zeit später geht ein Ruck durch den Waggon, der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Die Fahrt kann beginnen.

Mit 70 Stundenkilometern tuckert die Transsibirische Eisenbahn gemächlich unserem ersten Abschnittsziel Jekaterinburg entgegen, während sich die Dunkelheit wie eine sanfte Decke über die Birkenwälder vor dem Fenster legt.

Wir haben ein Kartenspiel ausgepackt und versuchen, uns mit den Russen in den anderen Betten zu unterhalten, auf Englisch, Russisch und, weil alle Beteiligten nur jeweils eine der beiden Sprachen verstehen, mit Händen und Füßen. Uns gegenüber strickt eine alte Frau mit kleinem dreieckigen Kopftuch emsig Handschuhe und Socken. Andere Passagiere lesen Zeitung, schlafen oder essen Piroggen, gefüllte russische Teigtaschen. Draußen ziehen kleinen Dörfern mit alten Häusern, gepflegte Bahnhofsgebäude im Kolonialbaustil und riesige Strommasten in weiter Landschaft vorbei. Langsam wird es ruhiger im Waggon, nur hier und da ist ein erstes leises Schnarchen zu hören.

Die erste Nacht in der Transsibirischen Eisenbahn

Um 22 Uhr löscht Natalia das Licht und wir ziehen die blauen Vorhänge vor unser Fenster.

Da liege ich nun in der dritten Klasse der Transsibirischen Eisenbahn in einem viel zu kurzen Bett, die Füße auf dem Gang und umgeben von der abgestandenen Luft meiner 53 schlafenden Mitreisenden im Abteil.

Ein paar Mal hält der Zug noch an. Neue Passagiere steigen ein, beziehen ihr Bett, starren aus dem Fenster oder schlafen gleich ein, andere steigen später wieder aus. Der dicke Mann schräg links von mir schnarcht jetzt lauter. Eine Frau nimmt sanft meine Füße hoch und schiebt sie aus dem Gang. Wie höflich, denke ich noch, und schlafe im sanften Schaukeln des Zuges friedlich ein.

Du bist gespannt, wie es weitergeht?

Die weiteren Teile meiner Reise findest du hier:

Der Auftakt zu einer großen Reise – Pläne schmieden für die Transsibirische Eisenbahn

Frieren noch vor Sibirien – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil II: Jekaterinburg – Irkutsk

Ausflug zur Olchon Island – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil III: Olchon Island

Mit Dschingis Khan in die Mongolei – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil IV: Irkutsk – Ulaanbaatar

Leben wie die Nomaden – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil V: Ger-Camp

Wir werden Fernsehstars! Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil VI: Ulaanbaatar – Peking

Der Abschied – Meine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn Teil VII: Peking – Heimat

Und hier findest du noch mehr Infos:

Es gibt viele Reiseführer für eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn. Mir hat dieses hier am besten gefallen: „Reiseführer Transsib-Handbuch: Alle Strecken zwischen Moskau, Vladivostok, Ulaanbaatar und Beijing“*.

Außerdem kann ich dir die Facebook-Gruppe „Transsibirische Eisenbahn“ ans Herz legen, denn dort findest du viele Tipps von anderen Reisenden. Sie wurde von „Andersreisender“ gegründet, der auf seinem Blog ebenfalls ganze viele tolle Texte nicht nur für deine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn hat.

So, und jetzt erzähl doch mal …

Bist du auch schon mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren? Ich freue mich, wenn du in den Kommentaren davon berichtest!

Übrigens …

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